Donnerstag, 25. April 2024

Bock aufs Comeback

Paderborn (WB). »Ich habe richtig Bock, neu durchzustarten«, sagt Katharina Grompe mit einem verschmitzten Lächeln. Die 25-jährige Sprinterin will allen beweisen, vor allem aber sich selbst, dass sie es »drauf« hat.

Ihre gesteigerte Laune hat einen triftigen Grund: das Erfolgserlebnis bei den Deutschen Hallenmeisterschaften in der Arena Leipzig nach mehrjähriger Zwangspause. 7,33 Sekunden bei ihrem Vorlaufsieg über 60 Meter, neue persönliche Bestleistung, und letztlich DM-Platz vier haben frischen Mut und Zuversicht gesät . Dieses Gefühl, dass ihr neu eingeschlagener Weg beim LC Paderborn ist ein guter ist, ist wohltuend! »Ich habe mich da selber übertroffen und bin echt stolz auf das gute Ergebnis. Eine super Bestätigung. Aber da geht noch mehr. Der Trainer, die Unterstützung im Verein und die tolle Trainingsgruppe sind das Beste, was mir passieren konnte.«

Technikbild fast komplett umgestellt

Mit ihrem Tapetenwechsel von der LG Olympia Dortmund in den Ahorn-Sportpark hatte Katharina Grompe 2018 nach vier oft frustrierenden und tränenreichen Jahren, in denen sie von einer Verletzung in die nächste schlitterte, für sich ein neues Leichtathletik-Kapitel aufgeschlagen. Motto: zurück in die Zukunft. »Ich habe mein Technikbild fast komplett umgestellt. Das hat gefruchtet.«

Es ist eine ganze Weile her, da war Katharina Grompe als vielleicht größte deutsche Nachwuchshoffnung im Sprintbereich geadelt worden. Mit der 4 x 100-Meter-Staffel gewann die Leichtathletin Gold bei den U20-Europameisterschaften 2011 in Tallinn (43,42 sec, neuer Europarekord) und ließ ein Jahr später Silber bei der U20-WM in Barcelona (44,24 sec) folgen. Als sie auch 2013 bei den U23-Europameisterschaften in Tampere Staffel-Gold einheimste, schien mit der Nominierung für die Weltmeisterschaften in Moskau (2013) der Aufstieg zum Olymp vorgezeichnet. Doch in ihrem letzten Wettkampf vor der Abreise passierte das Malheur – Muskelfaserriss. Aus der Traum.

Schmerz und verpasste Erlebnisse

Seither hat sich über einen Zeitraum von vier schier endlos langen Jahren eine beispiellose Krankenakte gefüllt: Sehnenverletzungen, muskuläre Beschwerden, Operationen, Zwangspausen; Schmerz und verpasste Erlebnisse als ständige Begleiter. Immer wieder ausgebremst, immer wieder aufgestanden – logisch, dass dieser Prozess emotionale Dellen ausgebildet hat. Ja, der Seelenschmerz sei wirklich grausam gewesen, gibt Grompe zu: »So etwas prägt. Ich bin in dieser Zeit gewachsen und habe viel gelernt.«

Der bittere Beigeschmack: Kein Sport heißt auch keine Ergebnisse, keine Auszeichnungen, keine Aufmerksamkeit, keine Individualsponsoren. Der DLV hat sein einstiges Sternchen längst vergessen. »Der finanzielle Aufwand für mich ist einfach enorm. Ohne Unterstützung von zu Hause würde ich es nicht packen. Ich bin meinen Eltern sehr dankbar.«

»Ich möchte vom Kopf her frei sein können«

Grompe weiß, dass sie jetzt gefordert ist, »liefern« muss. Und dafür arbeitet sie täglich hart. »Ich möchte mich zeigen, bin ja auch irgendwie eine Rampensau.« Leipzig sei ein gelungenes Comeback gewesen; auch wenn die ungewohnte Wettkampfbelastung darin gipfelte, dass im Finallauf nach 30 Metern ein Muskel »zu« machte; der Rest war hinlänglich bekannter Schmerz. Sie wertete dies als Indiz dafür, dass Geduld auf dem Weg nach oben unverzichtbar ist. Und da wirken die schnellen Zeiten aus jüngeren Tagen auf ihren Körper ein bisschen wie ein Fluch. »Mein zentrales Nervensystem erinnert sich an das, was ich mal leisten konnte«, erklärt Katharina Grompe. »Das Problem ist, dass meine Sehnenstruktur und Muskulatur nicht Schritt halten können. Ich fühle mich immer noch nicht so ganz angekommen.« Der Nachhall der Leidensjahre ist spürbar da. Ihre Sehnsucht: »Ich möchte endlich wieder komplett beschwerdefrei trainieren, auch vom Kopf her frei sein können.«

Im April macht die Studentin ihren Bachelor of Arts-Abschluss in Sport und Angewandte Trainingswissenschaften. Danach möchte die Sportwissenschaftlerin als Personal Coach arbeiten. »Das Leben ist sicher nicht nur Sport. Aber wenn du Leistungssport betreibst und etwas erreichen willst, muss das dein zentraler Mittelpunkt sein. Du musst dein Leben danach ausrichten.«

Trainer Prange bescheinigt »außerordentliches Talent«

LC-Trainer Thomas Prange bescheinigt seinem Schützling ein »außerordentliches Talent. Sie hat mit Chantal Butzek eine starke Trainingspartnerin. Beide liegen eng beieinander und können sich sehr gut pushen. Ich hoffe, das passiert jetzt auch öfter.« Katharina Grompe habe bei der DM in Leipzig gezeigt, dass sie problemlos mit den Besten mithalten könne. »Wenn Kathy einigermaßen vernünftig durchtrainieren kann und sie verletzungsfrei bleibt, kann im Sommer Großes passieren«, orakelt der erfahrene Trainer. »Dann hat sie reelle Chancen, bei großen Wettkämpfen dabei zu sein, zumindest in der Staffel.« Eine 100-Meter-Zeit unter 11,30 Sekunden traut er ihr zu. »Wozu das reicht, müssen wir sehen.«

Saisoneinstieg bei Kurpfalz-Gala

Der Saisoneinstieg soll möglichst bei der Kurpfalz-Gala in Weinheim Ende Mai erfolgen. Diese Wahl hat auch psychologische Gründe, verrät Thomas Prange. »Da herrschen immer sehr gute Bedingungen, mit Rückenwind auf beiden Seiten. Es ist einfach stimmungsfördernd, wenn der erste Wettkampf gut ausfällt.«

In der Gewissheit, dass sich im WM-Jahr und auch 2020 noch etwas erreichen lässt, steckt sich Katharina Grompe hohe Ziele. Ob Quali-Norm für Doha oder auch ein Tokio-Ticket. »Es wäre klasse, wenn ich mich für einen Platz in der Staffel empfehlen könnte. Das ist nicht unrealistisch. Ich glaube daran und weiß, dass ich das erreichen kann. Darauf trainiere ich hin. Aber im Wettkampf schmerzfrei laufen zu können, ist wirklich erstmal das Wichtigste für mich.«

Quelle: Westfalen Blatt