Samstag, 20. April 2024

Zwischen Uni und Olympia

Athleten: An der Universität Paderborn werden Leistungssportler gefördert, damit sie Sport und Studium meistern können. Die Hochschule hat sich als Veranstalter der deutschen Hochschulmeisterschaften etabliert.

Training statt Vorlesung, Wettkampf statt Klausur: 12 Studenten der Universität Paderborn dürfen pro Semester ein wenig aus der Reihe tanzen. Sie widmen ihr Leben dem Leistungssport und dem Studium zugleich. Damit sie beide Herausforderungen unter einen Hut bekommen, genießen sie gewisse Sonderrechte.

Eine von ihnen ist Chantal Butzek. 20 Jahre alt, Leichtathletin, 1,73 Meter groß, langes dunkles Haar, geboren in Paderborn. Zuletzt holte sie Bronze bei den Juniorenweltmeisterschaften im Staffellauf. Mittlerweile sitzt Butzek in den Hörsälen der Universität Paderborn – als Lehramtsstudentin im zweiten Semester. Fächer: Sport und Deutsch. Nicht weniger Zeit verbringt sie auf der Laufbahn des Ahorn-Sportparks. Für den LC Paderborn trainiert sie sechs Mal pro Woche. Fast jedes Wochenende steht ein Wettkampf an. Wie soll sie da ihr Studium packen?

„Ich genieße gewisse Vorteile“, gesteht Butzek. Klausuren darf sie im Notfall verschieben, Seminare nachholen und überfüllte Kurse dennoch belegen. Aber: „Das kommt immer auf die Dozenten an. Sie haben stets das letzte Wort.“ Von ihrem Vorteil wolle sie jedoch so selten wie möglich Gebrauch machen, sagt die Leistungssportlerin.

Spitzesportförderung innerhalb des Unibetriebs

Butzek zählt zu zwölf Leistungssportlern an der Univerität Paderborn, die in einem Programm gefördert werden. Darunter Basketballer, Schwimmer, Golfer, Squasher, Baseballer, Fußballer und Schützen. Sie alle sind Athleten im ABC-Bundeskader oder Mitglied im Forum Paderborner Spitzensport. Auch einen Platz im Wohnheim der Universität bekommen sie auf Wunsch vermittelt.

Möglich machen das die Universität und der Allgemeine Deutsche Hochschulsportverband. Seit den 1990er-Jahren fördert der Verband studierende Spitzensportler mit dem Deutschen Olympischen Sportbund. Die Paderborner Universität ist seit 2005 Mitglied.

Butzek rennt seit vier Jahren erfolgreich bei Juniorenmeisterschaften um die Wette. In der Paderborner Sportwelt ist sie längst ein Begriff. Das spricht sich auch in den Hörsälen der Hochschule herum. Wie kommt ihre Stellung bei Kommilitonen an? „Es gibt keine Probleme. An der Uni wird das viel besser aufgenommen als noch zu Schulzeiten“, sagt Butzek.

Spitzenathleten starten auch für ihre Hochschule

Anteil daran hatte auch ein Wettkampf vor wenigen Wochen. Bei den deutschen Hochschulmeisterschaften in Kassel ging Butzek für die heimische Universität an den Start. „Das war ein besonderes Gefühl“, erinnert sie sich. „Ich war stolz, meine Hochschule repräsentieren zu dürfen. Die Stimmung war super.“ 450 Leichtathleten aus ganz Deutschland waren jüngst auch bei den Hochschulmeisterschaften in Paderborn dabei. Im Badminton, Mountainbike, Sportschießen und in den Basketball-Vorrunden traten Studenten gegeneinander an.

Der Austragungsort Paderborn ist kein Zufall. Die Universität erhielt im April die Goldmedaille für den Hochschulsport – als bester Ausrichter im Jahr 2016. „Wir haben als kleine Uni gezeigt, was möglich ist“, sagt der Leiter des Paderborner Hochschulsports, Uli Kussin. Die Universität sei bekannt für ihre gut strukturierten Veranstaltungen. 2016 fanden dort die Meisterschaften im Volleyball, Mountainbike und Sportschießen statt. Paderborn hatte sich zuvor gegen Hochschulen in München, Köln und Berlin durchgesetzt. „Wir müssen uns nicht verstecken“, weiß Kussin.

Qualifikation zu internationalen Hochschulmeisterschaften

Auch im Herbst ist Paderborn wieder Gastgeber, diesmal in den Disziplinen Schießen und Mountainbike. Die Titelträger dürfen an den Welt- und Europameisterschaften teilnehmen, erklärt Kussin. „Wir sehen bei Wettkämpfen junge Athleten an unserer Uni, die vielleicht irgendwann mal Weltmeister oder Olympiasieger werden. Sie nutzen das als Sprungbrett.“ Entsprechend wichtig sei das Förderprogramm für Spitzensportler an Hochschulen. „Die Studenten sind in ihrer finalen Phase der Entwicklung“, ergänzt Kussin.

Vielleicht schafft es auch Chantal Butzek zu Olympia. Eine Ausnahme wäre sie mit der Doppelbelastung Universität und Sport keineswegs. 42 Prozent der deutschen Athleten bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio waren Studenten.

Und wenn die Karriere als Leichtathletin doch einmal endet? „Dann bin ich hoffentlich eine ausgebildete Lehrerin“, sagt Butzek.

Quelle: Neue Westfälische